Meinungsmache im Netz – Wie Populisten Wahlen beeinflussen

1. Einleitung

Im Herbst 2024 sorgte die Präsidentschaftswahl in Rumänien für europaweites Aufsehen: Der rechtsextreme und prorussische Kandidat Călin Georgescu gewann überraschend die erste Wahlrunde – entgegen aller Umfragen. Sein Erfolg basierte maßgeblich auf einer massiven TikTok-Kampagne, die junge Wähler:innen mit einfachen Botschaften und emotionalen Videos ansprach. Rumänische Geheimdienste und die EU-Kommission sprechen von einem „aggressiven hybriden Angriff“ aus Russland, der über tausende gefälschte Konten, manipulierte Algorithmen und bezahlte Inhalte orchestriert wurde. Das Verfassungsgericht annullierte daraufhin die Wahl vollständig. Die EU leitete ein Verfahren gegen TikTok ein und prüft, ob die Plattform gegen das neue Digital Services Act (DSA) verstoßen hat .

Dieser Vorfall zeigt, wie leicht Demokratien durch digitale Desinformation und algorithmische Manipulation unterwandert werden können – selbst innerhalb der EU. Er ist ein Weckruf für alle offenen Gesellschaften.

Politische Einflussnahme durch Manipulation ist nicht neu: Im Dritten Reich wurde Propaganda zur Staatsaufgabe erhoben. Mit Joseph Goebbels als Propagandaminister wurde gezielt die öffentliche Meinung gesteuert – durch Parolen, Gleichschaltung der Medien und die Nutzung neuer Technologien wie Kino, Rundfunk und dem sogenannten Volksempfänger. Die Botschaft war einfach, emotional aufgeladen und allgegenwärtig. Wer den Zugang zu den Köpfen der Menschen kontrollierte, kontrollierte auch ihre Entscheidungen.

Fast ein Jahrhundert später beobachten wir ähnliche Muster – angepasst an unsere digitale Zeit. Die Technik hat sich verändert, die Mechanismen nicht. Heute heißen die „Volksempfänger“ Twitter/X, TikTok, Telegram oder YouTube. Die Rollen der Propagandisten übernehmen Influencer, rechte Netzwerke oder politische Bewegungen, die das Netz gezielt nutzen, um Emotionen zu steuern, Feindbilder zu pflegen und die Gesellschaft zu spalten.

Besonders beunruhigend ist dabei, dass Björn Höcke, ehemaliger Geschichtslehrer und führender Kopf der AfD in Thüringen, offenkundig die historischen Muster kennt – und sie in neuer Form anwendet. Seine Reden sind durchzogen von Wiederholungen, Dramatisierungen, klarer Freund-Feind-Rhetorik und einem gezielten Spiel mit der Sprache – ganz im Stil klassischer Propaganda.

Diese Seite zeigt, wie moderne Meinungsmache funktioniert, welche Mittel populistische Bewegungen nutzen, und warum es heute wichtiger denn je ist, aufmerksam und kritisch zu bleiben.

2. Die Rolle des Internets und der sozialen Netzwerke

a) Wie sich politische Kommunikation verändert hat

Das Internet hat die politische Kommunikation revolutioniert. Während früher vor allem Printmedien, Radio und Fernsehen die öffentliche Meinung prägten, können heute politische Inhalte innerhalb von Sekunden weltweit verbreitet werden – und das direkt von Politiker:innen, Bewegungen oder Einzelpersonen. Klassische Gatekeeper wie Redaktionen oder Journalist:innen werden dabei zunehmend umgangen.

Soziale Netzwerke wie Facebook, X (ehemals Twitter), YouTube oder TikTok ermöglichen es politischen Akteuren, direkt mit Wähler:innen zu kommunizieren – ohne Umweg über die Medienlandschaft. Diese Direktkommunikation senkt nicht nur die Eintrittsschwelle für politische Teilhabe, sondern auch für gezielte Manipulation.

Besonders rechte und populistische Gruppierungen haben diese Möglichkeiten früh erkannt und nutzen sie strategisch, um Reichweite aufzubauen und ihre Narrative zu verbreiten – häufig mit starken emotionalen Triggern wie Angst, Wut oder Empörung.

b) Aber: auch Einfallstor für gezielte Desinformation

Soziale Netzwerke sind nicht nur Plattformen für demokratische Meinungsbildung – sie sind auch hocheffiziente Werkzeuge für Desinformation und Meinungsmache. Algorithmen bevorzugen Inhalte, die Emotionen hervorrufen, insbesondere Wut oder Angst. Diese Dynamik begünstigt vereinfachte Botschaften, Lügen und Verschwörungsnarrative gegenüber faktenbasierten, differenzierten Argumenten.

Gezielte Kampagnen – etwa durch Fake-Profile, Bots oder Trollfabriken – können Diskussionen beeinflussen, Stimmungen kippen und ganze Wahlkämpfe prägen. Beispiele finden sich weltweit: von den US-Wahlen 2016 über den Brexit bis zur Wahl in Rumänien 2024. Selbst demokratische Gesellschaften sind nicht immun gegen diese Einflussnahme – und auch Deutschland ist längst Ziel solcher Strategien geworden.

Hinzu kommt: Viele Nutzer:innen sind sich nicht bewusst, wie leicht manipulierbar ihre Timeline ist – etwa durch gezieltes Liken, Teilen oder Kommentieren.

c) Vorteile der Netzwerke für demokratische Beteiligung

Trotz aller Risiken bieten soziale Netzwerke auch große Chancen für die Demokratie. Noch nie war es so einfach, sich zu informieren, zu engagieren oder politische Forderungen öffentlich zu machen. Proteste wie Fridays for Future oder Bewegungen gegen Rassismus wären ohne digitale Plattformen kaum in dieser Form möglich gewesen.

Plattformen ermöglichen es auch marginalisierten Gruppen, gehört zu werden, und fördern eine politische Debatte, die nicht nur von großen Parteien oder etablierten Medienhäusern dominiert wird. Petitionen, Online-Abstimmungen, offene Briefe oder Aufrufe zur Demonstration verbreiten sich in Rekordgeschwindigkeit.

Die entscheidende Frage lautet daher: Wie schaffen wir es, die positiven Möglichkeiten des Netzes zu nutzen – ohne den destruktiven Kräften das Feld zu überlassen? Medienkompetenz, Aufklärung und Regulierung sind zentrale Bausteine, um diesen Raum demokratisch und konstruktiv zu gestalten.

3. Typische Taktiken populistischer Gruppen

a) Emotionale Mobilisierung

Populistische Gruppen setzen gezielt auf vereinfachte Botschaften, die komplexe gesellschaftliche Probleme auf scheinbar eindeutige Schuldige reduzieren. Der inhaltliche Kern tritt dabei oft hinter die emotionale Wirkung zurück.

Zentrale Hebel sind Angst, Wut und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Die Rhetorik folgt häufig dem Muster „Wir gegen die“ – etwa „das Volk gegen die Elite“, „Einheimische gegen Migranten“ oder „kritische Bürger gegen die Lügenpresse“. Diese Polarisierung dient dazu, ein klares Feindbild zu schaffen, mit dem sich die eigene Anhängerschaft identifizieren kann.

Sachliche Diskussionen werden so ersetzt durch eine emotionale Mobilisierung. Wer widerspricht, wird nicht als Gesprächspartner, sondern als Gegner betrachtet – das schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und macht Kompromisse unmöglich.

b) Fake News und Desinformation

Gezielte Falschinformationen gehören zum Grundwerkzeug populistischer Kampagnen. Dabei werden Fakten verdreht, aus dem Zusammenhang gerissen oder frei erfunden. Typisch sind Überschriften, die dramatisch klingen, aber inhaltlich irreführend sind – wie etwa manipulierte Zitate, erfundene Statistiken oder vermeintliche „Skandale“, die sich später als haltlos herausstellen.

Hinzu kommt der wachsende Einsatz von KI-generierten Inhalten: Deepfakes lassen Politiker:innen Dinge sagen oder tun, die nie stattgefunden haben. Screenshots werden manipuliert, Zitate gefälscht, Bilder aus dem Zusammenhang gerissen. Die Wirkung ist oft stark, selbst wenn der Betrug später auffliegt – denn die emotionale Saat ist gesät.

Das Ziel: Verwirrung stiften, Vertrauen in Medien und Institutionen untergraben, und die eigenen Anhänger emotional binden.

c) Microtargeting & Datenanalyse

Eine besonders raffinierte Methode ist das sogenannte Microtargeting: Dabei werden persönliche Daten – etwa aus Facebook, Google oder Online-Käufen – analysiert, um politisch relevante Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Mit diesen Informationen lassen sich individuelle Ängste und Unsicherheiten gezielt ansprechen

Das bekannteste Beispiel ist Cambridge Analytica, ein Unternehmen, das bei mehreren Wahlen (u. a. beim Brexit-Votum und der Trump-Wahl 2016) persönliche Daten missbrauchte, um Menschen mit maßgeschneiderten Botschaften zu beeinflussen.

Ein weiteres Element sind „Dark Ads“: Werbung, die nur bestimmten Zielgruppen angezeigt wird und nicht öffentlich einsehbar ist. So können unterschiedliche Botschaften gleichzeitig verbreitet werden – etwa gemäßigt in der Öffentlichkeit, radikal im Verborgenen.

d) Meme-Kultur und virale Kampagnen

Populisten haben die Macht der Meme-Kultur erkannt: Mit humorvollen, provokativen oder zynischen Bildern lassen sich politische Inhalte in Sekundenschnelle emotional aufladen – ohne viel Text, ohne Kontext. Der Inhalt ist oft stark verkürzt oder manipulativ – aber das Ziel ist klar: Aufmerksamkeit erzeugen, Zustimmung triggern oder Gegner lächerlich machen.

Virale Kampagnen funktionieren dabei besonders gut über soziale Netzwerke, wo Bilder und Sprüche sich rasend schnell verbreiten – oft schneller als seriöse Informationen.

Typische Beispiele sind Anti-Eliten-Memes, Posts gegen Klimaschutz oder satirisch verpackte Falschmeldungen, die schwer zu entkräften sind. Die Memes wirken auf der Gefühlsebene, nicht auf der rationalen – und genau das macht sie so wirkungsvoll.

🧠 Psychologische Manipulation durch scheinbar harmlose Beiträge – Das Beispiel Kay-Uwe Ziegler

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für moderne Meinungsmache liefert der AfD-Bundestagsabgeordnete Kay-Uwe Ziegler. Auf seinem Facebook-Profil veröffentlicht er regelmäßig scheinbar neutrale oder lapidar wirkende Nachrichten, oft mit lokalem oder emotionalem Bezug: etwa über Straftaten, kulturelle Veränderungen oder gesellschaftliche Einzelfälle.

Was auf den ersten Blick wie eine „normale Nachricht“ wirkt, hat jedoch eine klare Funktion: Die Auswahl der Themen und ihre Platzierung im AfD-nahen Kontext erzeugen ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit – vor allem, wenn sich ähnliche Beiträge wiederholen. Es entsteht der Eindruck, Deutschland sei ein unsicherer, überforderter und „fremdgesteuerter“ Ort.

Ziegler selbst verzichtet oft bewusst auf direkte Meinungsäußerungen. Die eigentliche Stimmung wird in den Kommentaren erzeugt – und genau dort entfaltet sich das volle propagandistische Potenzial. Die Kommentarspalten sind regelmäßig gefüllt mit hasserfüllten, fremdenfeindlichen, verschwörungstheoretischen Aussagen – die jedoch kaum moderiert oder gelöscht werden. Im Gegenteil: Likes und zustimmende Reaktionen des Abgeordneten oder seines Teams suggerieren Zustimmung.

💬 Die Methode ist nicht neu – sie erinnert an sogenannte dog whistles: unterschwellige Botschaften, die nur bestimmte Gruppen verstehen sollen. Die „harmlose“ Oberfläche dient dabei als Tarnung für die eigentliche politische Wirkung.

e) Netzwerke aus Trollen, Bots und Influencern

Populistische Bewegungen operieren oft nicht allein – sie stützen sich auf ein vielschichtiges Netzwerk aus Trollen, Bots und strategisch platzierten Influencer:innen, um ihre Botschaften in sozialen Medien zu verstärken.

Bots sind automatisierte Accounts, die bestimmte Inhalte massenhaft teilen oder liken, um künstlich Popularität zu suggerieren. So entsteht der Eindruck, eine Meinung sei weit verbreitet – obwohl sie in Wirklichkeit nur durch Technik „verstärkt“ wurde. Dieser Effekt wird als „Astroturfing“ bezeichnet: eine scheinbare Graswurzelbewegung, die in Wirklichkeit zentral gesteuert ist.

Trolle wiederum sind reale Menschen (oder hybride Mensch-Bot-Konten), die gezielt Diskussionen stören, provozieren oder Andersdenkende einschüchtern. Sie verbreiten Desinformation, verspotten Gegner oder überfluten Kommentarspalten mit einseitiger Propaganda.

Influencer:innen spielen in diesem System eine ambivalente Rolle: Einige verbreiten bewusst populistische oder verschwörungsideologische Inhalte – oft unter dem Deckmantel von „Meinungsfreiheit“ oder „alternativen Medien“. Andere werden gezielt dafür bezahlt, bestimmte Narrative zu pushen oder politische Botschaften subtil in Unterhaltungsformate zu verpacken.

Besonders Plattformen wie Telegram, TikTok und YouTube ermöglichen eine große Reichweite mit geringer Moderation. Telegram fungiert dabei oft als Rückzugsort für radikalisierte Gruppen, während TikTok durch kurze, emotional geladene Clips besonders bei jungen Zielgruppen punktet. YouTube hingegen bietet eine Plattform für Pseudo-Dokumentationen oder als „neutral“ inszenierte Meinungsvideos, die gezielt Zweifel säen oder Misstrauen gegen Institutionen schüren.

All diese Elemente zusammen erzeugen ein verzerrtes Bild der öffentlichen Meinung – und können reale politische Entscheidungen beeinflussen.

4. Fallbeispiele

🇧🇷 Brasilien: Jair Bolsonaro

Seine Anhänger nutzten massiv WhatsApp-Gruppen zur Verbreitung von Fake News (z. B. über Wahlbetrug). Auch wurde die Plattform Telegram gezielt für Desinformation eingesetzt.

🇭🇺 Ungarn: Viktor Orbán

Kontrolle über Medien, gleichzeitige Erzeugung eines Feindbildes („EU“, „Soros“, „Flüchtlinge“) – klassische Propagandamechanismen über moderne Kanäle.

🇺🇸 USA: Donald Trump

Neben Twitter (X) spielte Facebook eine zentrale Rolle bei der gezielten Ansprache über Microtargeting (Cambridge Analytica). Auch Trumps eigene Plattform „Truth Social“ ist eine abgeschottete Echokammer.

🇷🇴 Rumänien (aktueller Anlass)

Wahlbeeinflussung durch TikTok: Junge Wähler:innen werden durch humorvolle, einfache Clips mit rechtspopulistischen Botschaften angesprochen – ohne dass sie diese sofort als politische Manipulation erkennen.

5. Ist so etwas auch in Deutschland möglich?

Die Vorstellung, dass Wahlen durch gezielte Manipulation beeinflusst werden können, erscheint vielen in Deutschland noch immer weit entfernt. Doch auch hierzulande gibt es gesellschaftliche und technische Schwachstellen, die ein Einfallstor für Desinformation und populistische Kampagnen bilden können.

a) Analyse der gesellschaftlichen Voraussetzungen

Deutschland ist keineswegs immun gegen populistische Strömungen. Gerade in Krisenzeiten – etwa während der Corona-Pandemie oder angesichts der Inflation – wächst bei vielen Menschen das Bedürfnis nach einfachen Antworten. In bestimmten Milieus hat sich eine tiefe Skepsis gegenüber Medien, Politik und Wissenschaft verfestigt. Diese Gruppen sind besonders anfällig für gezielte Desinformationskampagnen und lassen sich leicht emotionalisieren.

Ein weiterer Risikofaktor ist die gesellschaftliche Polarisierung: Wenn „die da oben“ gegen „das Volk“ ausgespielt werden, entstehen Spaltungslinien, die das Vertrauen in demokratische Prozesse untergraben.

b) Schwachstellen in der digitalen Infrastruktur

Deutschland hat im Bereich der digitalen Sicherheit und Medienkompetenz noch erheblichen Nachholbedarf. Viele Menschen sind kaum in der Lage, zwischen echten Nachrichten und manipulierten Inhalten zu unterscheiden. Die Kontrolle von Online-Werbung, algorithmischer Verstärkung oder ausländischen Einflussnahmen ist technisch wie rechtlich schwierig. Plattformen wie Telegram sind nahezu unreguliert – hier können extremistische oder populistische Inhalte ungehindert verbreitet werden.

Hinzu kommt: Die Behörden sind häufig nicht ausreichend ausgestattet, um mit der rasanten Entwicklung neuer Technologien (z. B. Deepfakes, KI-generierte Fake-Accounts) Schritt zu halten.

c) Was der Verfassungsschutz beobachtet

Der Verfassungsschutz warnt seit Jahren vor demokratiefeindlichen Bestrebungen im digitalen Raum. Besonders die „neue Rechte“, Verschwörungsideologen, Reichsbürger und ausländische Akteure wie Russland und China stehen im Fokus. In seinen Berichten weist der Verfassungsschutz darauf hin, dass gezielte Desinformation, hybride Bedrohungen und digitale Propaganda zunehmend Teil der politischen Auseinandersetzung sind – auch in Deutschland.

Die Sicherheitsbehörden sehen vor allem die Gefahr, dass die Vertrauensbasis unserer Demokratie erodiert, wenn immer mehr Menschen sich in digitalen Echokammern radikalisieren.

d) Was die Zivilgesellschaft tun kann

Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Zahlreiche Initiativen, Bildungsprojekte, Journalistennetzwerke und Factchecking-Plattformen leisten wertvolle Aufklärungsarbeit. Medienkompetenz muss gestärkt werden – in Schulen, im Netz und im Alltag. Nur wer Desinformation erkennt, kann ihr auch widersprechen.

Zivilgesellschaftliches Engagement – ob durch Diskussionen, durch digitale Bildung oder durch Aufklärung im Bekanntenkreis – ist eine zentrale Säule der demokratischen Resilienz.

Demokratie lebt vom Mitmachen. Und gegen populistische Vereinfachung hilft am besten: komplexe, ehrliche und verständliche Aufklärung.

6. Gegenstrategien – Was hilft wirklich?

Populistische Meinungsmache, Desinformation und digitale Hetze sind ernstzunehmende Bedrohungen für die Demokratie – aber sie sind nicht alternativlos. Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, um unsere Gesellschaft widerstandsfähiger gegen Manipulation zu machen. Entscheidend ist: Die Abwehr funktioniert nicht allein durch Behörden oder Plattformregulierung – sie beginnt bei jedem Einzelnen von uns.

a) Medienkompetenz fördern

Der vielleicht wichtigste Hebel ist Bildung. Nur wer versteht, wie Algorithmen funktionieren, wie manipulative Botschaften aufgebaut sind und wie man seriöse von unseriösen Quellen unterscheidet, kann sich im digitalen Raum souverän bewegen.

Medienkompetenz sollte nicht nur in Schulen, sondern auch in Erwachsenenbildung, Integrationskursen und sozialen Projekten vermittelt werden. Es geht nicht darum, Misstrauen zu säen – sondern um kritisches Denken und die Fähigkeit, Informationen einzuordnen statt sie ungeprüft weiterzugeben.

b) Faktenchecks & Plattformregulierung

Ein wirksames Mittel gegen Fake News sind unabhängige Faktenchecker wie Correctiv, Mimikama oder Faktenfinder (Tagesschau). Sie entlarven gezielte Falschmeldungen, klären über Desinformationskampagnen auf und liefern faktenbasierte Gegenstimmen.

Doch Faktenchecks allein reichen nicht aus. Auch die großen Plattformen wie Meta (Facebook), YouTube oder TikTok müssen in die Pflicht genommen werden: durch algorithmische Transparenz, durch die Pflicht zur Kennzeichnung politischer Werbung, durch konsequente Entfernung illegaler Inhalte – und durch klare Regeln gegen Verstöße.

Die EU hat mit dem Digital Services Act (DSA) einen ersten Schritt getan, aber dessen konsequente Umsetzung steht noch aus.

c) Stärkung demokratischer Narrative

Populisten leben davon, Angst, Wut und Misstrauen zu schüren. Wer dem etwas entgegensetzen will, muss nicht nur Desinformation bekämpfen, sondern glaubwürdige, positive und demokratische Erzählungen stärken. Das heißt: Zuhören, verständlich erklären, differenzieren – und nicht in dieselben Vereinfachungsfallen tappen wie die Gegner.

Demokratische Kommunikation muss nicht langweilig sein – sie kann emotional, klar und nahbar sein. Wichtig ist: Sie soll verbinden statt spalten.

d) Zivilgesellschaftliche Initiativen

Es gibt bereits viele Gruppen, die sich aktiv gegen Hass, Hetze und Desinformation im Netz engagieren. Dazu gehören etwa:

  • #ichbinhier: Eine Online-Initiative, die gezielt in Kommentarspalten gegen Hasskommentare argumentiert – sachlich, faktenbasiert und mit viel Zivilcourage.

  • Correctiv: Ein unabhängiges Recherchezentrum, das unter anderem Desinformationsnetzwerke aufdeckt und Faktenchecks anbietet.

  • HateAid, Demokratie leben, No Hate Speech und viele weitere Projekte setzen sich für digitale Zivilcourage, Aufklärung und Betroffenenhilfe ein.

All diese Initiativen zeigen: Man ist der Flut an Populismus nicht hilflos ausgeliefert. Mit Engagement, Wissen und digitaler Haltung kann jede:r dazu beitragen, unsere Demokratie zu schützen.

Den Gegner mit seinen eigenen Waffen schlagen

Noch immer sind drei Viertel der Menschen in Deutschland gegen die AfD – und das ist gut so! 💪 Aber auf den Social-Media-Kanälen der AfD sieht es oft ganz anders aus: Dort dominiert der Applaus, als wären sie längst in der Mehrheit.

💡 Das liegt nicht an ihrer Stärke – sondern an unserer Zurückhaltung.
Jetzt ist der Moment gekommen, das zu ändern.

👉 Was DU tun kannst:

  1. Folge den offiziellen Seiten der AfD & ihrer Politiker:innen.
    (Ja, auch wenn’s wehtut – so bekommst Du mit, was sie verbreiten.)

  2. Kommentiere kritisch – sachlich, klar, deutlich.
    Zeig Haltung, stelle Fragen, widerlege Lügen. Bleib dabei fair und faktensicher.

  3. Like und unterstütze andere kritische Kommentare.
    Damit diese ganz oben sichtbar sind und nicht im Schatten verschwinden.

  4. Reagiere mit „Haha“ auf Blödsinn.
    Satirische Inhalte, plumpe Hetze oder plumpe Propaganda haben ein passendes Emoji verdient.

📣 Ziel: Der Protest muss sichtbar werden – direkt auf ihren eigenen Seiten!

Denn Schweigen hilft den Falschen.
Laut sein ist unbequem – aber notwendig.

Zeig, dass wir mehr sind. Zeig, dass wir hinschauen. Zeig, dass wir nicht schweigen.

7. Fazit

Wie digitale Desinformation Demokratien gefährdet

Was früher mit dem „Volksempfänger“ begann, setzt sich heute in hochkomplexen sozialen Netzwerken fort: Die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung ist längst keine Randerscheinung mehr. Digitale Desinformation ist ein Werkzeug geworden, das autoritäre und populistische Kräfte weltweit einsetzen – nicht nur, um Wahlen zu beeinflussen, sondern um langfristig das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben.

Die Beispiele aus Rumänien, den USA, Brasilien oder auch Deutschland zeigen: Es braucht keine Panzer mehr, um eine Demokratie zu destabilisieren – ein Smartphone, ein Algorithmus und eine gut geplante Kampagne reichen oft aus, um ganze Bevölkerungsgruppen zu spalten.

Warum wir hinschauen müssen – und wie jede:r etwas beitragen kann

Gerade weil sich die Mechanismen oft subtil und harmlos tarnen – durch scheinbar objektive Facebook-Posts, durch lustige Memes oder anonyme Kanäle – ist Wachsamkeit entscheidend. Wir dürfen nicht warten, bis der Schaden angerichtet ist. Denn wenn sich Hass, Lügen und Manipulation erst einmal in den Köpfen festgesetzt haben, ist der Weg zurück oft schwierig.

Deshalb ist jede:r gefragt:

  • Teile nicht alles, was Empörung auslöst – prüfe Quellen.

  • Melde Hetze, Desinformation oder Fake Accounts.

  • Zeige Haltung – auch online. Sachlich. Klar. Standhaft.

  • Unterstütze unabhängige Medien und Faktenchecker.

  • Diskutiere, aber verliere nicht den Respekt.

Unsere Demokratie lebt nicht nur von Wahlen, sondern auch vom täglichen Miteinander im digitalen Raum. Wenn wir wollen, dass unsere Gesellschaft offen, frei und respektvoll bleibt, müssen wir sie gemeinsam verteidigen – nicht mit Hass, sondern mit Haltung.

Quellen und weiterführende Informationen

Mach mit, werde Teil unserer Gruppe Die politische Mitte – für Dialog, Demokratie und Lösungen